Pfarrer Bernhard Hering (1934 - 1947)
Für 55.000,- RM waren Kirche und Pfarrhaus, mit Eisenklinkern verblendet, gebaut. Die von der Firma Carl Busch in Berlin-Südende bleiverglasten Fenster in gelben und blauen Farbtönen verliehen dem Kirchenraum einen würdigen, feierlichen Eindruck. Jedoch fehlte noch fast die ganze Inneneinrichtung. 6.000,- RM Bauschulden mussten noch abgetragen werden.
"Nach der Einweihung der Kirche mussten die Arbeiten sofort wieder im vollen Umfang aufgenommen werden, denn schon am Sonntag darauf sollte auf dem Kirchengrundstück die erste Fronleichnamsprozession stattfinden. Vier Altäre mussten gestellt werden und da das Grundstück keinen Baum und keinen Strauch aufweisen kann, musste hier künstlich nachgeholfen werden. 'Berklama' unsere Glocke war gekauft, stand aber ganz müßig oben im Turm. Es fehlte der Glockenstuhl. In einer Versammlung wurden von Mitgliedern 35,- RM gespendet, den Rest hat der Verein zugelegt. Die Arbeiten wurden von den Mitgliedern in den Abendstunden ausgeführt, so dass 'Berklama' eines sonntags ihr Lied erschallen lassen konnte. Nicht besonders schön, dafür aber um so lauter in der Kirche zu hören." Die Glocke war auf einem Schrottplatz gekauft worden. Ihr Name stammt von den Vornamen dreier Frauen, die im Kirchenbau-Sammel-Verein sehr aktiv waren: Bertha Cremer, Klara Geiger, Martha Marquardt.
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Pfarrer
Bernhard Hering |
Per 1. August 1934 wurde Kuratus Bernhard Hering (geb. am 29. Mai 1899 in Berlin, geweiht am 2. März 1924), Kuratus in Strausberg, zum ersten Seelsorger (Kuratus) in Petershagen ernannt. Seinen ersten Gottesdienst hier hielt er am Sonntag, dem 12. August 1934. Seine "endgültige Übersiedlung nach Petershagen verzögerte sich allerdings noch um mehr als einen Monat, da im Pfarrhause noch weder Wasser noch Abortanlage, noch Badeeinrichtung vorhanden war. So wohnte" er "zunächst im Pfarrhaus Hoppegarten während des August. Nach Petershagen siedelte" er "endgültig erst nach dem Sommerurlaub Ende September über." Mit ihm kam seine Mutter, Frau Paula Hering. Seine Schwester, Maria Hering, heiratete bald nach Petershagen und wohnte dann als Frau Schottko in der heutigen Karl-Liebknecht-Straße. Nach der Einberufung des Organisten Ewald Geiger (1939) war sie Organistin. Sie verzog Ende 1940.
Per 1. Dezember 1934 wurde die seelsorglich selbständige Kuratie Petershagen errichtet. Bezüglich der Vermögensverwaltung blieb die Kuratie im Pfarrverbande mit der Pfarrei Hoppegarten. Die neue Kuratie umfasste die Ortschaften: Petershagen, Fredersdorf, Vogelsdorf, Bruchmühle, Altlandsberg, Krummensee, Wegendorf (von Hoppegarten abgezweigt) und Eggersdorf (von Strausberg abgezweigt). Da Altlandsberg-Stadt, Krummensee und Wegendorf nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen waren, hielt sich Kuratus Hering ein Auto.
Als Kuratus Hering seinen Dienst antrat, hatte die Kirche immerhin die Hälfte der Bänke erhalten.
Kuratus Hering konnte den Religionsunterricht für die Kinder gleich sehr intensivieren. "Die bisherige eine Stunde in der Woche hatte ihnen nur das Notdürftigste an religiösen Kenntnissen geben können."
In Altlandsberg "schenkte 1929 ein Dachdeckermeister Ernst aus Berlin das Haus Berliner Chaussee 11. Durch einen schuppenartigen Anbau wurde hier ein ca. 40 Personen fassender Gottesdienstraum geschaffen. In dieser der Unbefleckten Empfängnis von Lourdes geweihten Notkapelle wurde am 14. Juli 1929 zum ersten Male die hl. Messe gefeiert. - Da das Haus erhebliche Reparaturen erforderte, für die die Kirchkasse kein Geld besaß, wurde es Ende 1934 verkauft. Der Gottesdienstraum wurde uns vom jetzigen Besitzer weiterhin mietweise überlassen. Die Altlandsberger Katholiken waren über diesen Besitzwechsel wenig erbaut und griffen den Kirchenvorstand heftig an. Die Sonntagsgottesdienste in Altlandsberg wurden oft nicht durch Kuratus Hering gehalten, sondern aushilfsweise von Berliner Priestern, im Jahre 1937 auch von einem emeritierten Priester Ernst Krause, der in Neuenhagen wohnte, aber im Herbst wieder eine Pfarrstelle im Ermland erhielt. Mitte 1938 schien der Bau einer eigenen Kapelle greifbar nahe, es gab aber keine Genehmigung durch die staatlichen Stellen. 1941 wurde ein anderer Kapellenraum Berliner Chaussee 4 (jetzt Berliner Allee 33), gemietet und hergerichtet. Ab 1. Dezember 1942 übernahm Kuratus Dr. Bruno Decker auf Dauer die dortige Seelsorge.
Im März 1935 veröffentlichte Kuratus Hering folgende Zahlen:
"Die Seelenzahl unserer Gemeinde beträgt:
in Petershagen |
418 |
unter |
5766 |
Einwohnern |
= 7,25 % |
in Fredersdorf |
243 |
" |
3437 |
" |
= 7,07 % |
in Eggersdorf |
149 |
" |
2440 |
" |
= 6,11 % |
in Vogelsdorf |
111 |
" |
1339 |
" |
= 8,30 % |
in Bruchmühle |
52 |
" |
893 |
" |
= 5,82 % |
in Altlandsberg |
290 |
" |
4627 |
" |
= 6,27 % |
in Wegendorf |
13 |
" |
381 |
" |
= 3,41 % |
in Krummensee |
11 |
" |
348 |
" |
= 3,16 % |
insgesamt |
1287 |
" |
19231 |
" |
= 6,69 % ." |
In den Jahren bis zum Kriegsbeginn konnte viel innere und äußere Aufbauarbeit geleistet werden. Die Gemeinde wurde in 27 Bezirke aufgeteilt mit je einem Obmann, "dem als erste Aufgabe die Werbung für das Kirchenblatt zugewiesen wurde. So konnten wir die Umsatzziffer des Blattes von 40 auf 235 Exemplare pro Sonntag steigern. Außerdem werden an je einem Sonntag im Monat noch 225 Exemplare gratis verteilt." Die Bezirksobleute sollen darüber hinaus "alle Katholiken ihres Bezirkes persönlich kennenzulernen trachten."
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Nikolausfeier der Jugend im Pfarrheim 1935 |
Im Jahre 1939 konnten folgende Aktivitäten in der Gemeinde genannt werden: Pfarr-Caritas-Ausschuss (Geschäftsführer: Herr Massino); Bezirksobleute des Laienapostolates; Gemeinschaften der Männer, der Frauen, der Jungen und Jungmänner, der Mädchen, der Schulkinder; Gemeinschaften der Pfarrfamilie als Zusammenfassung der vorher genannten Gemeinschaften; Bonifatiusverein, das Päpstliche Werk der Glaubensverbreitung, das Werk der hl. Kindheit in Deutschland, die Missionsvereinigung katholischer Frauen und Jungfrauen, das Frauenhilfswerk für Priesterberufe. Das Jugendwerk (zur Unterstützung der Jugendseelsorge in der Gemeinde) und der Caritasverband hatten Mitglieder bzw. Spender. Es gab einen Schriftenstand und eine Pfarrbücherei. - Der Kirchbau-Sammel-Verein löste sich Anfang 1938 auf. - Leider war es nicht zu einer ersprießlichen Zusammenarbeit mit dem neuen Seelsorger gekommen. - Es wurden bei vielen Gelegenheiten Laienspiele aufgeführt. -
"Eine starke Belastung für die Kirchkasse Hoppegarten bedeutete die Neudeckung des Pfarrhauses, dessen gesamtes Dach durch einen gewaltigen Sturm in der Nacht vom 16. zum 17. Februar (1935) abgedeckt worden war. Die Wiederherstellung dauerte drei Wochen. Das war nicht angenehm, zumal es in dieser Zeit wiederholt regnete und auch durchregnete." Zu den Sturmschäden gehörten u.a., dass der Kopf des Schornsteines zwischen dem Arbeits- und dem Schlafzimmer des Pfarrers gelockert und etwas verdreht wurde; er hätte in die Pfarrwohnung stürzen können.
"Eine Befreiung von der drückenden Last der Kirchbauschulden erfuhren wir (1937) durch ein Darlehen des Bonifatiusvereins - Diözese Berlin - in Höhe von 4.000,- M. Hierdurch werden wir in den Stand gesetzt, die Restschuld abzutragen und 1.500,- M an aufgelaufenen Zinsen erlassen zu bekommen. Das Zinslose Darlehen ist mit 600,- M jährlich zurückzuzahlen." Anscheinend 1937 wurden die letzten beiden Kirchbänke angeschafft.
Am Passionssonntag 1938 "erfolgte die kanonische Errichtung unseres neuen Kreuzweges. Er ist eine Schöpfung des jungen Berliner Künstlers Rudolf Heltzel in einer hierfür wohl noch kaum angewandten Technik: Intarsien." Die 14 Stationen kosteten zusammen 700,- M. "Für die Taufkapelle schenkte der gleiche Künstler eine Statur Johannes des Täufers." Ebenfalls 1938 wurde der Windfang eingebaut (worüber der Architekt sehr unzufrieden war) und ein Drahtzaun um das Grundstück errichtet. Dieser Drahtzaun kostete 600,- M.
Anlässlich des 5. Jahrestages der Benediktion der Kirche kam Bischof Konrad Graf von Preysing am Pfingstsonntag, dem 28. Mai 1939, nach Petershagen und firmte 72 Gemeindemitglieder. "Sein äußeres Zeichen fand dieses Ereignis in der Errichtung eines handgeschnitzten Wegkreuzes (Künstler: Rudolf Heltzel) durch die Jugend der Gemeinde und aus ihren Mitteln an der Ecke der Elbe- und Lucasstraße." Dieses Kreuz wurde im Oktober "geschändet. Ein unbekannter Täter riss des Corpus die Arme ab." Die beiden Arme wurden in einem Briefkasten in der Havelstraße gefunden und konnten wieder angefügt werden.
Inzwischen hatte, am 1. September 1939, der Zweite Weltkrieg begonnen. Es gab bald viele Schwierigkeiten. Immerhin konnten 1939/40 noch große Teile der Außenwände neu verfugt werden. "Es waren nämlich die Wände im Innern völlig nass geworden. Ein Verantwortlicher für diese ungeheuerlichen Schäden ließ sich leider nicht haftbar machen. Die Kosten trug der Bonifatiusverein. Sie betrugen insgesamt rd. 1.500,- M." Die Schäden kamen daher, dass beim Bau von Kirche und Pfarrhaus aus finanziellen Gründen das Gebäude nicht verfugt worden war. Ebenfalls wurden 1939/40 noch Sträucher, sechs Rotdornbäume und 24 Pappeln gepflanzt. 1941 wurde der Beichtstuhl angeschafft, 1942 ein Motorrad. Der Bonifatiusverein stiftete 1943 (für 1.800,- M) eine holzgeschnitzte Madonna, ein Werk des Bildhauers Josef Dorls/Berlin: "Madonna mit der Friedenstaube". Ein Taufstein wurde aufgestellt und der Kirchenvorplatz mit Fliesen belegt. "Mit dem Ende des Jahres (1943) ist nunmehr auch unsere Kirchbauschuld getilgt, so dass wir nun endlich die Hände frei haben zum weiteren Ausbau und weiterer Ausstattung unseres Gotteshauses. Wir hoffen, dass ein baldiger guter Friede uns hierzu Gelegenheit geben wird. Wir denken außer an die Anschaffung einer Orgel an die Vollendung der Kirche durch den Anbau einer Apsis in Verbindung mit einer Küsterwohnung und einem neuen Pfarrheim, und endlich an Glockenturm und Geläut." - Ein "Bau- und Orgelfonds" schwoll bis Ende 1944 auf 20.500,- M an. Es gab Geld, man konnte aber nichts dafür anschaffen. Das ganze Geld "fror" 1945 "ein".
Die Diktatur des "Dritten Reiches" und im besonderen der Krieg machten sich für die Gemeinde wie folgt bemerkbar:
Gottesdienste wurden oft überwacht. Z.B. wies der Amtsvorsteher in Fredersdorf als Ortspolizeibehörde einen Polizisten am 10.8.1935 schriftlich an, "den Gottesdienst in der katholischen Kirche in Petershagen am 11.8.35 zu überwachen. Bericht bis Montag, dem 13.8.35 (müsste wohl heißen: 12. E.D.) vormittags 9 Uhr. gez. Unterschrift. - Petershagen, den 12. August 1935. Der Hauptgottesdienst in der hiesigen katholischen Kirche am 11.8.35 um 9 Uhr 30 wurde von mir überwacht. Zur Verlesung gelangte ein Hirtenbrief des Kapitularvikars Schreibermann (gemeint ist: Steinmann. E.D.) vom Ordinariat Berlin. Der Hirtenbrief war rein kirchlichen Inhalts' Irgendwelche Äußerungen, die sich auf den Staat oder auf die Politik bezogen, wurden nicht getan. gez. Unterschrift, Gend. Hauptwachtmeister." Der Gend.-Postenbereich Eggersdorf meldete am 7.10.35 schriftlich "An den Herrn Amtvorsteher in Fredersdorf. Zu Fernspruch-Stapo-Potsdam, v. 5.10.35. Am Erntedankfeste, d. 6.10.35, 12.15 Uhr, stellte ich fest, dass die kath. Kirche in Petershagen, Lukasstr., nicht beflaggt war. Kurator H e r i n g, Petershagen, über den Grund befragt, gab an, dass er eine Reichs- und Nationalflagge nicht besitzt und eine solche erst beschaffen müsste. gez. Unterschrift Gend. Hptwachtm." - Fronleichnamsprozessionen wurden von Beamten in zivil überwacht, die u.a. die geschätzte Teilnehmerzahl schriftlich meldeten, z.B. 1944: ca. 250 Personen.
Im September 1938 wurde das Kirchenblatt des Bistums verboten.
Im Februar 1939 wurde der katholische Jungmänner-Verband verboten.
Wegen der Verdunkelungspflicht konnte ab 1939 keine Christnacht gehalten werden, erst 1942 konnte eine Verdunkelungseinrichtung (Papier-Rollos) für die ganze Kirche angebracht werden.
"Das Jahr 1940 war ein Jahr rechter Schwierigkeiten, die zum größten Teil eine Folge des Krieges waren. Nicht nur dass sich der Mangel an Männern und Jungmännern in Gottesdienst und pfarrlichem Leben bemerkbar machte, auch die Frauen und Mädchen wurden bald in immer steigendem Maß zur Arbeit eingesetzt, so dass auch sie oft genug für eine intensive Mitarbeit in der Gemeinde kaum noch Zeit und Kraft aufbringen konnten. - In den Wintermonaten kam dazu die große Kälte (bis zu -25°C) bei ungenügender Versorgung der Kirche mit Feuerung, so dass der Gottesdienst oftmals auf das Mindestmaß eingeschränkt werden musste. - Die Seelsorge draußen wurde recht behindert durch die Stilllegung des Autos. Ich musste nun alle Wege mit dem Fahrrad machen und manches musste gänzlich liegen bleiben", schrieb Kuratus Hering.
"Im Dezember 1940 wurde staatlicherseits jeder Vertrieb von Schriften in nicht gewerblichen Räumen untersagt. Damit wurden nicht nur unsere regelmäßigen Bücherausstellungen, sondern auch der Schriftenstand und jeglicher andere Bücher- und Schriftenvertrieb unmöglich. - Wenig später mussten auf eine weitere staatliche Anordnung hin aus der Pfarrbücherei alle Bücher nicht religiösen Inhalts entfernt werden." - An Tagen nach nächtlichem Fliegeralarm, wenn dieser bis über 24 Uhr hinaus andauerte, durfte der Gottesdienst nicht vor 10 Uhr beginnen. Hierdurch wurde die Gottesdienstordnung recht behindert. - Schon 1939 war angeordnet worden: "Die Kirchenglocken schweigen: In der Zeit von 18 bis 8 Uhr, bei Taufen, bei Trauungen." - Das Pfarramt hatte noch 1942 kein Telefon. Für dringende Versehgänge musste Herr Kuratus Hering an das Pfarramt Hoppegarten verweisen, das Telefon hatte.
Am 2. September 1942 verstarb in Hoppegarten Pfarrer Joseph Siebner im 63. Lebensjahr. Als Nachfolger wurde im Oktober Pfarrer Josef Hundertmark (vorher Gransee) ernannt.
"Vom Fest Christi Himmelfahrt (1942) an durften die gebotenen Feiertage, die auf einen Werktag fallen und gemäß staatlicher Anordnung während des Krieges nicht durch Vormittags-Gottesdienste begangen werden dürfen, durch Abendmessen gefeiert werden." 1943 wurden dann für Christi Himmelfahrt und Fronleichnam Abendmessen, die über gewöhnliche Werktagsgottesdienste hinausgingen, staatlicherseits verboten. Im letzten Vierteljahr 1943 "waren die Abendmessen ständig durch Fliegeralarm bedroht, so dass sie mehrfach ausfallen mussten. Einmal erfolgte Fliegeralarm sogar während des Hochamtes, so dass wir dasselbe abbrechen mussten."
"Kirchliches Schrifttum gab es in diesem Jahre (1943) für die Laien überhaupt nicht mehr, auch keine Religionsbücher für die Kinder." Die Kinder bekamen Religionslehrbücher geliehen. "Ein Teil unserer Messinggeräte (Leuchter usw.) musste für Rüstungszwecke abgegeben werden."
"Das alles betraf jedoch nur die äußere Entwicklung. Gottesdienstbesuch und Sakramentenempfang nahmen trotz der immer zahlreicher werdenden Einberufungen auch der jüngsten (17-jährigen) und ältesten Jahrgänge (bis zu 50 Jahren) sowohl der Männer wie der Frauen, sei es zu Heeresdienst, sei es zu Kriegs-Hilfsdiensten, nicht ab." 1944 wurden dann "alle Männer zwischen 16 und 60 Jahren zum Dienst herangezogen, sei es in der eigentlichen Wehrmacht, sei es im Volkssturm." - "Von eigentlich Luftangriffen wurde in diesem Jahr unsere Gemeinde nicht betroffen."
Die stärkste Behinderung des Gemeindelebens war dadurch gegeben, dass Kuratus Hering wegen bestimmter Äußerungen im Briefwechsel mit Soldaten vom 7. November 1940 bis zum 28. August 1941 in Potsdam und Berlin in Untersuchungshaft war. "Dieser Briefwechsel war dadurch in die Hände der Nazis gefallen, dass ein Mädchen meiner Pfarrjugend davon in ihrem Berliner Büro Maschinenabschriften anfertigte. Der Abteilungschef, ein engagierter Nazi, war dazugekommen. Das Weitere ergab sich mit Notwendigkeit." Nur knapp entging Kuratus Hering einer gerichtlichen Verurteilung oder einer Überführung in ein Konzentrationslager. - Zwei Tage nach seiner Entlassung verstarb seine Mutter. - Religionsunterricht durfte er von nun an in den Schulen nicht mehr erteilen.
Während der Abwesenheit von Kuratus Hering wurde die Seelsorge zunächst durch Dominikanerpatres aus Berlin-Moabit ausgeübt, ab 1. Mai 1941 wirkte als ständig anwesender Administrator Bernhard Hack (geb. am 4.11.1905 in Berlin, geweiht am 1.4.1933, verst. am 22.11.1983), bis dahin Subregens des aufgehobenen Priesterseminars der Diözese.
"Am 21. April (1945) brauste die Kriegsfurie über uns hinweg. In Eggersdorf und Altlandsberg waren viele Häuser zerstört oder wenigstens beschädigt." In Petershagen, Fredersdorf, Vogelsdorf und Bruchmühle kam es nicht zu eigentlichen Kämpfen. Die Häuser blieben zwar zum größten Teil äußerlich unversehrt, dafür wurden aber zahllose Wohnungen ausgeplündert. "Auch einige Todesopfer waren zu beklagen, aus unserer Kirchengemeinde jedoch nur ein einziges. Kirche und Pfarrhaus blieben völlig unberührt. Nichts war zerstört, nichts beschädigt, nichts entwendet! Es war wie ein Wunder! Während in der ganzen Umgegend die Kirchen schwer gelitten hatten, fehlte bei uns nicht einmal eine Kerze!"
1945 "konnten wir auch die Fronleichnamsprozession bereits wieder in aller Öffentlichkeit durchführen. Eine besondere Note erhielt dieselbe durch die Teilnahme einer großen Zahl ehemaliger französischer Kriegsgefangener, die auf dem Rücktransport in ihre Heimat hier einige Tage Halt machen mussten. Unter ihnen befanden sich auch eine ganze Reihe von Priestern, die mit ihren Kameraden am Nachmittag des Fronleichnams-Sonntages unser Gotteshaus zu einer Andacht füllten. Wir erhielten von diesen unseren französischen Brüdern in Christus den allerbesten Eindruck; es war zwischen ihnen und uns eine wirkliche, ja herzliche Gemeinschaft zu verspüren."
"Unsägliches Elend zog an uns vorbei und forderte unsere Hilfe. Doch die Not war zu groß, als dass eine wirkliche wirksame und umfassende Hilfsaktion möglich gewesen wäre. Mach einen sahen wir am Straßenrand sterben."
"Vom Mai bis November erhielten wir an Lebensmitteln nur 125 - 200g Brot und etwa 300g Kartoffeln pro Tag; das war buchstäblich alles! Kein Gramm Fett, kein Fleisch, keine Nährmittel! Es war schier zum Verzweifeln!" "Außer ein wenig Holz war kein Heizmaterial aufzutreiben." - So sind im Totenregister der Kirchengemeinde für 1945 46 Beerdigungen verzeichnet, gegenüber 7 für 1944 und 21 für 1946.
"Die Zahl der Gefallenen aus unserer Gemeinde, deren Angehörige uns davon Mitteilung machten, erhöhte sich (Ende 1946) auf 15. Die Zahl der amtlich als vermisst gemeldeten beträgt z.Zt. noch 4; die der Verschollenen 2; in Kriegsgefangenschaft befinden sich noch 5."
"Nach Wiedereröffnung des Postverkehrs mit Briefen bis zu 500g sandten wir an Verwandte, Bekannte und Freunde in West- und Süddeutschland etwa 100 Bittschreiben. Daraufhin begannen ab März (1946) Pfundpäckchen mit Lebensmitteln in steigender Anzahl bei uns einzulaufen. Den Höhepunkt erreichten diese Sendungen im Juli mit der Rekordzahl von 1.024 Stück. Insgesamt gelangten bis zum Ende des Jahres an das Pfarramt 5.415 Päckchen. Etwa ebenso viel dürften es gewesen sein, die einzelnen Gemeindegliedern auf unsere Veranlassung direkt zugingen."
"Das 1. Vierteljahr 1947 brachte uns den seit Menschengedenken strengsten Winter. Und das bei unserer ausgemergelten, halbverhungerten und mit keinerlei Brennmaterial versehenen Bevölkerung. Es war furchtbar! Der Erfolg: es steht fast kein Straßenbaum mehr, der wenige Wald ist stark gelichtet und die Schäden an Gesundheit und Leben sind kaum abzuschätzen. Einige Personen sind auch erfroren, fast alle haben Frostschäden davongetragen und die Schäden an Wasserleitung, Kanalisation, Gebäuden und Pflanzungen sind unabsehbar. Der Gottesdienst war in diesen Monaten natürlich sehr schwach besucht, doch konnten Kinderseelsorgsstunden und Gemeinschaften einigermaßen durchgehalten werden." -
Im April 1947 ging Pfarrer Hering in die Benediktiner-Abtei Ettal. Er trat aber nicht dort ein, sondern kehrte noch im Laufe des Jahres in den Dienst der Diözese Berlin zurück. Er starb am 9. November 1955 als Pfarrer von St. Wilhelm/Berlin-Spandau. - Den Titel "Pfarrer" hatte er schon am 23.12.1935 erhalten, wurde hier aber stets "Kuratus Hering" genannt. - Hausangestellte bzw. (nach dem Tod der Mutter) Haushälterin waren z.Z. von Herrn Pfarrer Hering: Frl. Rosel Kleiner (von 1934 bis 1936), Frl. Agnes Heinze (von ca. 1936 bis 1940), Frl. Elisabeth Steinemann (von 1940 bis 1941 oder 1942) und Frau Anna Schultze, immer genannt Tante Anna (von ca. 1942 bis zum Ende seiner Tätigkeit hier). |